© Ralf Litera/Erzbistum Paderborn

Dekanatsbesuch im Zeichen des Aufbruchs

Mit dem Besuch des Dekanates Hochsauerland-West am vergangenen Donnerstag schloss Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz seine Reise durch die Dekanate ab. Dabei kam natürlich auch der neue Bistumsprozess zur Sprache.
Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz hat am 10. April seinen verschobenen Besuch im Dekanat Hochsauerland-West nachgeholt und damit nicht nur das letzte von insgesamt 19 Dekanaten des Erzbistums kennen gelernt, sondern auch den Ersten Rede und Antwort gestanden zur umfassenden Neuausrichtung von Seelsorge und Verwaltung, über die vor wenigen Tagen erstmals informiert worden war. Es war ein Tag der Begegnung und des gegenseitigen Zuhörens, an dem der Erzbischof mit Hauptamtlichen aus dem Dekanatsteam, pastoralen Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen der fusionierten Pfarreien St. Laurentius Arnsberg, St. Petri Hüsten, St. Johannes Baptist Neheim und Voßwinkel sowie des Pastoralen Raums Sundern in einem fruchtbaren Austausch war. Was ihn hier erwartete: verlässliche Orte und engagierte Menschen, spannende Projekte, Herausforderungen, teils fragende Gesichter – vor allem aber viele offene Arme und Herzen sowie die große Bereitschaft, den neuen Weg bei aller Verunsicherung mitzugehen.

Willkommen an einem Ort der Verlässlichkeit

9.15 Uhr. Mit Thomas Klöter, Leiter des Bereichs Pastorale Dienste im Erzbischöflichen Generalvikariat, seinem Generalvikar Thomas Dornseifer und seinem Referenten Matthias Micheel erreicht Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz das Kinder- und Jugendzentrum (KiJu) Neheim. Zwischen bunten Leinwänden, Billardtisch und Game Lounge stellt KiJu-Leiterin Kerstin Arndt das außerschulische Bildungsangebot vor, das ihr Team hier für Kinder und Jugendliche verschiedenster Hintergründe auf die Beine stellt. Und die kommen mit einer kurzen Videobotschaft an den Erzbischof auch zu Wort: Die Vielfalt, das gemeinsame Spiel und das Gefühl, hier ein zweites Zuhause gefunden zu haben, das macht das KiJu für sie zu einem wichtigen Ort. „Auf genau solche verlässlichen Orte wollen wir auch in Zukunft setzen“, betont Erzbischof Dr. Bentz.

Im Anschluss stellt das Team um Dechant Daniel Meiworm die Strukturen und die wichtigsten Themen im Dekanat vor, wie die Mitwirkung im Klinikum Hochsauerland, die einmalige Klosterlandschaft oder die breiten Angebote der Caritas vor Ort. Ebenso werden aber auch Sorgen ins Wort gebracht. So sähen zwar viele Hauptberufliche und Ehrenamtliche die Notwendigkeit zur Veränderung, vielen fehle aber noch die Idee von Zukunft, wendet Dekanatsreferent Tobias Kleffner ein, der moderierend durch den Tag führt. Auch Fragen stehen im Raum: Müsste Kirche zu gesellschaftspolitischen Themen, die die Menschen bewegen, nicht klarer Stellung beziehen? Wie lassen sich junge Menschen, wie Ehrenamtliche mehr binden? Und was wird in den neuen Seelsorgeräumen künftig anders sein?

Der Erzbischof hört zu und will verstehen, stellt Fragen, formuliert erste Überlegungen zu dem, was ihm wichtig ist. So soll das hauptberufliche Personal noch mehr zu Ermöglichern werden. Die Kommunikation zwischen den Pastoralteams der Seelsorgeräume und dem Erzbistum werde direkter, es solle mehr gestaltet als ausprobiert werden, mit gebündelten Ressourcen, einem gestärkten Ehrenamt, in multiprofessionellen Teams.

Hoffnungsfroh stimmt da die Geschichte: Vor rund 20 Jahren ist das Dekanat Hochsauerland West durch den Zusammenschluss der Dekanate Arnsberg und Sundern entstanden. Auch diese Transformation habe, bei allen Schwierigkeiten, gut geklappt. Der Stolz ist noch heute zu spüren. Was die entscheidenden Faktoren für den gelingenden Umbruch waren, will Erzbischof Bentz wissen. „Die Arbeit in Netzwerken, die Orientierung an großen Linien, immer im Austausch und in Beziehung geblieben zu sein“, so Kleffner.

Klangvolle Begrüßung in Mutterpfarrei des Sauerlands

10.45 Uhr. In der Kirche St. Petri Hüsten haben sich die Mädchen und Jungen der Dekanatssingschule bereits eingesungen, als der Erzbischof eintrifft. 25 Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 17 Jahren stimmen unter Leitung von Dekanatskirchenmusiker Benjamin Sutorius „Exsultate, jubilate“ an. Junge Stimmen in einer der ältesten Pfarreien des Sauerlandes. Nach zwei weiteren Liedern kommt der Erzbischof ins Gespräch mit den Kindern, er berichtet von eigenen ersten Gesangserfahrungen im Kinderchor. Und natürlich wollen die Sängerinnen und Sänger einiges von ihm wissen: Warum er Bischof werden wollte, was schwierig und was schön daran ist.

12.00 Uhr. Mittagsgebet in der Propsteikirche St. Laurentius im Kloster Wedinghausen in Arnsberg und anschließend Mittagessen im Kapitelsaal mit der Dekanatspastoralkonferenz. Im Anschluss stellen die drei Pfarreien des Dekanats und der Pastorale Raum Sundern vor, was sie bewegt, wo ihre besonderen Schätze liegen und wo sie Herausforderungen und Chancen für die Zukunft sehen. Die Themen sind vielfältig und sehr individuell – auch mit Blick auf die bevorstehende Neuausrichtung. Eine wichtige Rolle spielen besondere pastorale wie spirituelle Orte: Klöster, Erlebniskirchen, Begegnungszentren und -cafés, Bildungs- und Pflegeeinrichtungen, zudem die Vernetzung vor Ort und die Bedeutung der regionalen Schützenkultur. Aber auch schwierige Themen wie Einsamkeit, Missbrauch, die gesellschaftspolitische Rolle der Kirche und der Verlust ihrer Glaubwürdigkeit finden Raum. Die Anwesenden wollen wissen, wie sich bestehende Überlegungen und laufende Prozesse etwa zu Immobilien in die neue Transformation eingliedern und wie sich die Gremienstruktur künftig verändern wird. Die wichtige Chance und ein großer Schatz, darin ist man sich einig: das Ehrenamt.

Wo Verlust ist, entsteht auch ein Gewinn

In seiner Resonanz auf das Gehörte macht der Erzbischof deutlich: Es wird künftig nicht alles anders sein. Was bevorsteht, ist kein radikaler Cut – das, was kommt, schließt an Bestehendes an, das nun neu geformt werden müsse. Ein Handlungsprinzip aus dem Dekanat passt auch zum neuen Bistumsprozess: Zentralisierung wo nötig, so viel Nähe wie möglich. In den neu entstehenden Gremien eröffneten sich Ämter mit anderen Kompetenzbereichen und größerer Gestaltungsmacht, die womöglich für neue Ehrenamtliche attraktiv werden. Zugleich brauche es weiterhin die Kümmerer vor Ort. Insgesamt soll Engagement stärker gefördert werden. „Haben wir die Zuversicht, dass das klappt“, ermutigt Erzbischof Dr. Bentz zum gemeinsamen Aufbruch.

In kleineren Runden gehen die Diskussionen anschließend weiter. Es geht um die Mentalität und Beständigkeit der Menschen im Sauerland, die keine Füße, sondern Wurzeln hätten. Und um die Frage, wie die junge Generation in Gestaltungsprozesse mit eingebunden, wie ihr Votum selbst bei Immobilienentscheidungen verbindlich gemacht werden soll. Es sind dichte, angeregte Gespräche, die den Kapitelsaal jetzt füllen. Der Erzbischof skizziert und überlegt, greift Vorgenanntes auf, dankt für die Anregungen und die Zugewandtheit und ist sicher: „Wir gewinnen künftig mehr Gestaltungsfreiheit.“

Transformation mithilfe des Ehrenamts

16.00 Uhr. Mit der Firma SKS in Sundern, durch die Josef Levermann, Finanzverantwortlicher bei SKS und nebenamtlicher Diakon, führt, besichtigt Erzbischof Dr. Bentz ein lokales mittelständisches Unternehmen und löst ein, was er insgesamt fordert: mehr Vernetzung der Kirche mit anderen Teilen der Gesellschaft. Hier trifft er auf Ehrenamtliche aus dem ganzen Dekanatsgebiet, die ihre Fragen, auf Bierdeckeln notiert, in ein Interview einbringen. Der Erzbischof berichtet von seinem ersten Jahr im neuen Amt: von vielen neuen Gesichtern, Landschaften, Strukturen und Mentalitäten, die wie im Hochgeschwindigkeitszug vorbeigerast seien – vieles aber sei hängen geblieben als Gespür und als das Gefühl, hier schon ein gutes Stück zu Hause zu sein. Bei der Vorstellung des Bistumsprozesses betont er immer wieder: „Es geht letztlich nicht um die Strukturen, sondern darum, folgenden Generationen die Chance zu geben, diesen Glauben und die Gemeinschaft in einer lebendigen Kirche erfahren zu können. Dem müssen wir eine neue Form geben, damit es zukunftsfähig wird.“

Wie umgehen mit den Verlusten?

Was er nicht verschweigt: dass das unweigerlich auch Verluste mitbringt. Die Frage sei hier: Wie gehen wir damit gut um? Was bedeutet das gerade auch im ländlichen Raum, wo Kirchen noch viel Halt und Zusammenhalt geben? Wer kann künftig das Gesicht der Kirche vor Ort sein, wenn es nicht mehr der Priester oder die Gemeindereferentin ist? Es brauche Identifikationsfiguren im Ehrenamt. „Der Raum, der unter der zentralisierten neuen Struktur entsteht, soll nicht leergeräumt, sondern mit Leben gefüllt werden. Eine wichtige Rolle spielt hier die Koordination, Förderung und Begleitung des Ehrenamts, in die wir bewusst investieren werden, um es zu empowern.“ Es brauche hauptamtliche Unterstützung mit einer Führungskultur, die auf die Fähigkeit setzt, Vielfalt in der Einheit zu pflegen. Und es brauche die Einsicht, dass man nicht überall gleich präsent sein kann. „Haben wir den Mut, lieber etwas weniger zu machen, aber das, was wir tun, gut zu machen – dann hat es Strahlkraft.“ Wie Strahlkraft wirkt, lässt sich auch heute in diesem Showroom von SKS beobachten. An Stehtischen ist Erzbischof Bentz umringt von kleinen interessierten Runden. Hier lacht er, lauscht mit offenen Ohren den Anekdoten vieler Ehrenamtlicher, dankt ihnen für ihre Arbeit und steht gerne auch für Selfies bereit.

Abschlussgottesdienst

19.00 Uhr. Mit einem gemeinsamen Abschlussgottesdienst in der Kirche St. Johannes Ev. Sundern, begleitet durch den Projektchor des Dekanates und ein Vokalensemble, geht ein anregender Tag zu Ende. Was als Schlusslicht seiner Reise durch die Dekanate gedacht war, ist für Erzbischof Bentz zugleich zu einem ersten gemeinsamen Aufbruch geworden. Und so wundert es nicht, dass seine Predigt davon handelt, wie wir nur durch Bewegung in Balance bleiben können und wenn wir einander offen zuhören. So viel jedenfalls ist deutlich geworden: Der vorgestellte Transformationsprozess ist kein fertiges Produkt, sondern ein Rahmen, in dem alle, die wollen, ihren Platz finden und mitgestalten können.

Ein Beitrag von:
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freie Mitarbeiterin

Dr. Carina Middel

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